Sympathische Schwächen: So punkten Sie damit beim Personaler

Sympathische Schwächen: So punkten Sie damit beim Personaler

Professionell bewerben | 19.02.2024

Ein Bewerbungsgespräch läuft selten ganz reibungslos ab. Irgendwann kommt die Frage nach den eigenen Schwächen oder Defiziten. Viele Bewerber geraten dann ins Stocken. Dabei können gewisse sympathische Schwächen sogar von Vorteil sein und beim Personaler punkten - wenn man sie überzeugend präsentiert. Erfahren Sie, wie Sie Ihre Schwächen geschickt einsetzen, um bei der Bewerbung zu überzeugen.

Die Frage nach den eigenen Schwächen ist wohl eine der unangenehmsten Fragen in einem Vorstellungsgespräch. Die meisten Kandidaten blocken hier ab oder nennen fadenscheinige Antworten wie "Ich bin manchmal etwas ungeduldig" oder "Ich neige dazu, mich zu sehr in Details zu verlieren".

Doch wenn man die Frage nach den Schwächen clever nutzt, kann man damit tatsächlich punkten. Denn gewisse Schwächen machen einen als Bewerber sympathisch und menschlich. Wichtig ist nur, dass man die richtigen Schwächen wählt und sie souverän präsentiert.

In diesem Artikel erfahren Sie,

  • warum Schwächen in Bewerbungen gar nicht schlecht sind,
  • welche Schwächen beim Personaler positiv ankommen,
  • wie Sie diese geschickt formulieren und einsetzen und
  • worauf Sie dabei achten sollten.

Mit den richtigen "sympathischen Schwächen" können Sie Ihre Chancen bei der Bewerbung also entscheidend verbessern.

Was sind eigentlich sympathische Schwächen?

Unter sympathischen Schwächen versteht man Schwächen, die dem Bewerber eine menschliche und authentische Note verleihen. Der Bewerber gibt zu, nicht perfekt zu sein, aber zeigt, dass er an sich arbeitet und seine Schwächen ausgleicht. Dies kommt bei Personalern viel besser an als die Vortäuschung einer makellosen Fassade.

Im Gegensatz zu harten Kompetenzmängeln sind sympathische Schwächen eher weiche Schwächen im Bereich der Persönlichkeit und des Verhaltens. Niemand ist perfekt, auch die besten Bewerber nicht. Schwächen machen uns menschlich. Wenn diese negativen Eigenschaften reflektiert werden und der Bewerber Lösungsstrategien entwickelt hat, wirken sie sogar sympathisch.

Typische Beispiele für solche Schwächen sind Ungeduld, Perfektionismus, Überengagement oder auch eine Neigung zur Unpünktlichkeit in Stresssituationen. Der Kandidat gibt sich damit als echter Mensch mit Ecken und Kanten.

Warum Schwächen in Bewerbungen von Vorteil sein können

Viele Bewerber vermeiden es, Schwächen zu nennen. Sie wollen kompetent und erfahren erscheinen. Das kann allerdings nach Hinten losgehen. Wer keine einzige Schwäche nennen kann, wirkt schnell unglaubwürdig und arrogant. Er vermittelt den Eindruck, sich für perfekt zu halten und Toleranz gegenüber anderen fehlt.

Ehrlich genannte Schwächen hingegen zeigen Demut und Menschenkenntnis. Der Bewerber reflektiert sich selbst, hat an sich gearbeitet und Strategien entwickelt, mit diesen Schwächen umzugehen. Das macht ihn sympathisch und authentisch.

Weitere Vorteile von zugegebenen Schwächen sind:

  • Sie fördern Verständnis beim Personaler und möglichen zukünftigen Kollegen, da jeder Schwächen hat
  • Sie zeigen, dass der Bewerber auch Fehler zugibt und an sich arbeitet (Selbstreflexion)
  • Der Bewerber wirkt bescheiden und bodenständig
  • Es entsteht Vertrauen beim Arbeitgeber durch die Offenheit
  • Die genannte Schwäche gibt Anknüpfungspunkte für die Diskussion im Vorstellungsgespräch

Mit den richtigen Schwächen punkten Bewerber also durch Authentizität und gewinnen Sympathien.

Beispiele für typische sympathische Schwächen

Der Perfektionist

Viele Menschen neigen zum Perfektionismus. Die Messlatte wird sehr hoch gelegt, was zu Unzufriedenheit führen kann. Allerdings steckt oft auch eine große Stärke dahinter: Der Hang zu besonders hoher Qualität und Genauigkeit.

Das sollte in der Bewerbung betont werden. Der Perfektionist ist gewissenhaft und hat hohe Ansprüche an sich selbst sowie die Arbeitsergebnisse. Er arbeitet präzise, gründlich und strukturiert. Für manche Berufe ist diese Eigenschaft essenziell.

Gleichzeitig sollte der Kandidat reflektieren, dass Perfektionismus auch Nachteile haben kann. Es besteht die Gefahr, den Blick fürs Wesentliche zu verlieren, Entscheidungen zu verzögern und unzufrieden zu sein. Er sollte erwähnen, dass er daran arbeitet, Perfektionismus mit Pragmatismus in Einklang zu bringen.

Der Ungeduldige

Ungeduld ist eine weit verbreitete Schwäche. Schnelle und unbürokratische Problemlösung ist hier der Antrieb. Der Kandidat ist motiviert, Dinge voranzubringen.

Allerdings neigt der Ungeduldige auch zu Vorschnelligkeit und nervösem Drängeln, wenn Prozesse stocken. Er ist schlecht im Warten. Diese Schattenseite sollte ebenfalls erwähnt werden. Wichtig ist, Lösungsstrategien aufzuzeigen, z.B. bewusstes Durchatmen, Ablenkung oder Kompromisse bei der Zielerreichung.

Der Bewerber punktet mit dem Antrieb hinter der Ungeduld, zeigt aber die Bereitschaft, sie in angemessene Bahnen zu lenken.

Verantwortungsbewusst bis zur Selbstausbeutung

Manche Menschen übernehmen gerne Verantwortung und gehen ganz in ihrer Arbeit auf. Sie engagieren sich für Projekte mit Herzblut. Dahinter stecken positive Motive wie Pflichtgefühl, Ehrgeiz oder der Wille zur Selbstverwirklichung.

Aber auch diese Stärke hat ihre Schattenseiten. Es besteht die Gefahr von Selbstausbeutung, Workaholismus und Vernachlässigung anderer Lebensbereiche.

Im Bewerbungsgespräch sollte der Kandidat signalisieren, dass ihm diese Gefahren bewusst sind. Er arbeitet daran, Aufgaben auch mal abzugeben und für Ausgleich zu sorgen. So wird aus einer riskanten Veranlagung eine sympathische Schwäche.

Der ehrgeizige Karrieretyp

Ehrgeiz wird in der Arbeitswelt geschätzt. Er treibt zu Höchstleistungen an und zeugt von Motivation. Doch übersteigerter Ehrgeiz kann auch unsympathische Züge annehmen wie Ellenbogenmentalität, Rücksichtslosigkeit und Maßlosigkeit.

Hier sollte der Kandidat reflektieren, dass sein Ehrgeiz manchmal mit Teamgeist und Gelassenheit kollidiert. Er ist gewillt, Kompromisse einzugehen und den Ehrgeiz in gesunde Bahnen zu lenken. Mit dieser Einsicht wirkt diese Schwäche sogar als Stärke.

Worauf es bei Schwächen in Bewerbungen ankommt

Damit Schwächen einen positiven Eindruck hinterlassen, sollten einige Punkte beachtet werden:

  • Die Schwäche sollte zum Berufsbild und der ausgeschriebenen Stellenanzeige passen. Ein Perfektionist kann in der Buchhaltung punkten, ein Ungeduldiger in der Aktienbranche.
  • Sie muss glaubwürdig und authentisch rüberkommen. Übertriebene Schwächen wirken aufgesetzt.
  • Der Fokus sollte auf den positiven Seiten der Schwäche liegen, z.B. der Antrieb hinter Ungeduld oder das Streben nach Qualität beim Perfektionisten.
  • Lösungsansätze sollten klar benannt werden: Wie gehen Sie konstruktiv mit dieser Schwäche um?
  • Eine einzige Schwäche nennen, nicht zehn verschiedene. Sonst wirken Sie schwach.
  • Keine harten Kompetenzmängel nennen wie Unpünktlichkeit, Unzuverlässigkeit oder mangelnde Fähigkeiten.

Bei der Wahl der Schwäche gilt: Ehrlichkeit wahren und die richtige Balance finden. Dann lässt sich mit den eigenen Schwächen beim Personaler punkten.

So finden Sie die perfekte sympathische Schwäche 

  1. Analysieren Sie Ihren Lebenslauf und Ihre bisherige Karriere: Wo gab es Herausforderungen? Wiederkehrende Muster zeigen oft persönliche Schwächen auf.
  2. Bitten Sie vertraute Personen aus Ihrem Umfeld um ehrliches Feedback zu Ihren Schwächen. Oft sieht man selbst nicht, was nahestehenden Personen auffällt.
  3. Überlegen Sie, welche Schwächen zu Ihrer Persönlichkeit passen und im Joballtag relevant sein könnten. Seien Sie ehrlich zu sich selbst.
  4. Finden Sie mindestens zwei Schwächen, die Sie gut erklären und positiv framen können. Testen Sie, wie diese auf andere wirken.
  5. Wählen Sie für die Bewerbung die Schwäche, die am besten zur Stelle passt und Ihre Chancen erhöht. Vorbereitung ist alles!
  6. Formulieren Sie die Schwäche kurz und selbstreflektiert. Betonen Sie Lösungsansätze und das Dazu-Lernen.
  7. Bleiben Sie authentisch. Eine aufgesetzte Schwäche wird schnell als solche erkannt.

Tipps: So präsentieren Sie Ihre Schwächen souverän

Im Bewerbungsgespräch ansprechen

Oft kommt im Jobinterview irgendwann die Frage nach den Schwächen. Hier gilt es, ruhig und gelassen zu bleiben. Nach kurzem Nachdenken eine vorbereitete Schwäche nennen und kurz erläutern. Dabei Lösungsansätze betonen und mit einem Lächeln selbstironisch abschließen. Das zeigt Souveränität im Umgang mit eigenen Unzulänglichkeiten.

Im Anschreiben anklingen lassen

Auch im Bewerbungsanschreiben lässt sich eine Schwäche geschickt einbauen, z.B. ein Perfektionist, der darauf achtet, den richtigen Pragmatismus zu wahren. Dies schafft einen persönlichen Bezug. Das Anschreiben sollte aber selbstbewusst und kompetent wirken.

Im Lebenslauf andeuten

Aus dem Lebenslauf lassen sich gewisse Schwächen ableiten. Jemand, der häufiger die Stellen gewechselt hat, neigt eher zur Ungeduld. Längere Auszeiten können für Perfektionismus oder ein schwieriges Aufgabenabgeben sprechen. Das sollte dann in Bewerbungsgespräch oder Anschreiben als Schwäche mit positivem Spin aufgegriffen werden.

15 Beispielformulierungen für sympathische Schwächen 

  1. "Manchmal neige ich zum Perfektionismus. Wenn eine Aufgabe besonders spannend ist, möchte ich jedes Detail optimal lösen. Ich achte dann sehr auf Qualität und Genauigkeit. Allerdings kann dies manchmal auch zu längeren Bearbeitungszeiten führen. Ich arbeite daran, die richtige Balance zwischen Perfektion und Pragmatismus zu finden."
  2. "Meine Ungeduld treibt mich oft an, Prozesse zu beschleunigen und schnelle Lösungen zu finden. Allerdings kann dies auch mal zu unbedachten Entscheidungen führen. Ich habe gelernt, in solchen Momenten kurz innezuhalten, die Situation zu reflektieren und mich bewusst für Geduld zu entscheiden."
  3. "Wenn mir eine Aufgabe besonders am Herzen liegt, kann ich mich oft nur schwer wieder lösen und delegiere zu wenig. Das Risiko der Selbstausbeutung ist mir aber bewusst. Ich achte deshalb vermehrt darauf, auch Aufgaben abzugeben und für Ausgleich zu sorgen."
  4. "Ich bin sehr ehrgeizig und motiviert, habe aber erkannt, dass extremer Ehrgeiz auch negative Seiten haben kann. Heute achte ich mehr darauf, Ehrgeiz und Teamfähigkeit in Einklang zu bringen und auch mal einen Gang zurückzuschalten."
  5. "Manchmal verliere ich mich in Details und sehe den Wald vor lauter Bäumen nicht. Aber ich habe gelernt, öfter einen Schritt zurückzutreten und das große Ganze zu betrachten. So behalte ich den Überblick und bleibe fokussiert."
  6. "Manchmal fällt es mir schwer, Arbeiten abzugeben, da ich sie gerne selbst perfekt erledige. Aber ich lerne zunehmend, auch mal loszulassen und zu delegieren."
  7. "Wenn Projekte kurz vor dem Abschluss stehen, neige ich dazu, ungeduldig zu werden und nervös zu drängeln. Ich arbeite daran, im Endspurt kühlen Kopf zu bewahren."
  8. "In Stresssituationen passiert es mir hin und wieder, dass ich Termine verschiebe oder vergesse. Ich schreibe mir daher alles genau auf und plane Pufferzeiten ein."
  9. "Mein Ehrgeiz lässt mich manchmal meine eigenen Grenzen aus den Augen verlieren. Heute achte ich bewusst auf regelmäßige Pausen, um ausgeglichen zu bleiben."
  10. "In Diskussionen möchte ich manchmal meine Meinung durchsetzen und werde unnachgiebig. Mittlerweile höre ich mir auch andere Standpunkte offen an."
  11. "Wenn mir etwas am Herzen liegt, kann ich mich für Details begeistern und den Überblick verlieren. Ich lerne zunehmend, präzise zu priorisieren."
  12. " Manchmal habe ich Schwierigkeiten, Nein zu sagen, und übernehme zu viele Aufgaben. Aber ich habe Strategien entwickelt, um auch mal abzulehnen."
  13. "Ich neige dazu, negative Rückmeldung persönlich zu nehmen. Aber ich arbeite daran, konstruktive Kritik als Chance zu sehen."
  14. "Wenn ich nervös bin, rede ich manchmal zu viel und zu schnell. Ich übe, in solchen Situationen bewusst langsamer zu sprechen."
  15. "Meine Begeisterung lässt mich bisweilen ungeduldig werden, wenn Andere nicht gleich mitziehen. Ich lerne, auch bei anderen das Positive zu sehen."

Fazit: Sympathische Schwächen zeigen Ihre Stärke

Die Frage nach den eigenen Schwächen ist für viele Bewerber unangenehm. Doch mit der richtigen sympathischen Schwäche können Sie Ihre Stärke beweisen. Indem Sie eine Schwäche nennen, die Sie reflektiert haben und an der Sie arbeiten, wirken Sie authentisch und menschlich. Sie zeigen, dass Sie bereit sind, sich weiterzuentwickeln.

Sympathische Schwächen wie Ungeduld oder die Tendenz, sich zu sehr mit Details zu beschäftigen, machen deutlich, dass Ihnen Antrieb und Gründlichkeit wichtig sind. Sie stellen diese positiven Seiten in den Vordergrund.

Wichtig ist, dass Sie die passende Schwäche zur Stelle finden und Lösungsansätze aufzeigen. Damit beweisen Sie die nötige Emotionale Intelligenz. Seien Sie also mutig und sehen Sie Ihre sympathischen Schwächen als Chance, sich von anderen Bewerbern abzuheben. Mit der richtigen Selbstreflexion wird die Schwäche zu Ihrer Stärke!

Dr. Hans-Peter Luippold

Autor: Dr. Hans-Peter Luippold

Dr. Hans-Peter Luippold studierte Betriebswirtschaft in Freiburg und Köln und sammelte als Führungskraft bei Daimler, Volkswagen, Lufthansa, Wella und Vorwerk Erfahrungen in allen wesentlichen Unternehmensbereichen. Seit April 2000 ist er als Unternehmens- und Personalberater in Frankfurt am Main tätig. Er hält regelmäßig Vorträge und lehrt zu den Themen Erfolg und Karriere. Vernetzen Sie sich mit ihm über Xing und LinkedIn.